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(Rezension) „Der Funke des Lebens“

Autorin

Jodi Picoult

Verlag

C. Bertelsmann

Seitenanzahl

448

Kaufpreis

20,00 EUR

Erschienen

27. April 2020

ISBN

978-3-570-10400-2

Autorin: Jodi Picoult

Verlag: C. Bertelsmann

Seitenanzahl: 448

Kaufpreis: 20,00 EUR

Erscheinungsdatum: 27.04.2020

ISBN: 978-3-570-10400-2

Zwei Väter, zwei Töchter und die Frage nach dem Wert des Lebens

Polizeiunterhändler Hugh McElroy wird zu einer Frauenklinik in Jackson, Mississippi, gerufen. Ein Schütze war in die Klinik eingedrungen, hatte das Feuer eröffnet und die Anwesenden als Geiseln genommen. Als McElroy im Begriff ist, mit dem Geiselnehmer zu verhandeln, erhält er eine schockierende Nachricht: Seine 15-jährige Tochter Wren befindet sich in der Klinik. McElroy setzt alles daran, Wren und die anderen Geiseln aus der Gewalt des fanatischen Abtreibungsgegners zu befreien – doch der ist selbst Vater einer Teenagerin.

 

Jodi Picoult, eine der furchtlosesten Schriftstellerinnen unserer Zeit, greift das Thema einer hitzigen Debatte auf: Wie können wir das Selbstbestimmungsrecht von Frauen mit dem Schutz des ungeborenen Lebens in Einklang bringen?

Jodi Picoult, geboren 1966 in New York, studierte in Princeton und Harvard. Seit 1992 schrieb sie mehr als zwanzig Romane, von denen viele Platz 1 der New-York-Times-Bestsellerliste waren. Die Autorin wurde bereits mehrfach ausgezeichnet, wie 2003 etwa mit dem renommierten New England Book Award. Picoult lebt mit ihrem Mann und zahlreichen Tieren in Hanover, New Hampshire.

Wie eine alte Bulldogge, die es gewohnt war, ihr Territorium zu bewachen, hockte das Center an der Ecke Juniper und Montfort Street hinter einem schmiedeeisernen Zaun.

Erster Satz
Seite 9

Über den Schreibstil

Der Einstieg in das Buch gelang mir ziemlich gut, hauptsächlich, da man sich gleich am Anfang bereits mitten im Geschehen befindet. Denn Jodi Picoult hat sich entschieden, diesen Roman rückwärts zu schreiben. Man springt kurz vor dem Finale ins geschehen, und arbeitet sich dann Stunde um Stunde zurück, um herauszufinden, was zu der katastrophalen Geiselnahme geführt hat, die  sich dort abspielt. Dabei wurden ziemlich häufig und ohne Vorwarnung, lediglich durch einen Absatz getrennt, die Perspektiven gewechselt, was oft zu Verwirrung meinerseits geführt hat. Oftmals musste ich einige Absätze wiederholt lesen, bis ich verstanden habe, um wessen Sicht es sich gerade handelt. Doch diese Probleme wurden mehr und mehr in den Hintergrund gedrängt von der fesselnden Wirkung des Inhalts.

Rache war theoretisch eine Mischung aus pulsierendem Adrenalin und purer Überzeugung. In Wirklichkeit jedoch stürmte man in ein brennendes Haus, ohne sich vorher zu überlegen, wie man wieder rauskam. 

George Goddard
Seite 131

Über die Protagonisten

Eine Sache, die mir im Laufe des Buchs aufgefallen ist, die mir sehr gut gefallen hat, war der Fakt, dass die Autorin – die Abtreibungsbeführworterin ist – aus der Sicht beider Parteien geschrieben hat. So gab es natürlich den Arzt, der Abtreibungen durchführte, sowie Frauen, die wegen einem Schwangerschaftsabbruch in der Klinik waren, aber auch um Janine, eine „Pro-Life-Aktivistin“, die sehr von ihrer Sache überzeugt ist, und natürlich auch um einige der anderen Protester*innen, die (überraschenderweise) nicht alle respektlose, bedrängende, alte, weiße Männer waren, sondern… freundlich. Natürlich gab es auch Menschen, wie den Schützen, der einfach total fehlgeleitet und krank ist, aber der Autorin war es außerdem wichtig, zu zeigen, dass das nicht die Norm ist, und dass jeder ein Recht auf seine Meinung hat, solange er niemandem sonst damit schadet (ungeborenes menschliches Gewebe ausgeschlossen!)

Wie im Klappentext bereits geschrieben, sind die tatsächlichen Protagonisten die 15-Jährige Wren und ihr Vater Hugh, der als Unterhändler und Detective bei der Polizei arbeitet, sowie ihre Tante Bex, die sie in die Klinik begleitet, und natürlich der Schütze George Goddard, dessen Angriff auf die Klinik sein persönlicher Rachefeldzug ist. Die verschiedenen Hintergründe und Gefühle der einzelnen Charaktere wurden super ausgearbeitet, allerdings gingen mir die Abtreibungsgegner – besonders Janine und natürlich Goddard – manchmal extrem auf die Nerven. Am besten gefallen hat mir Dr. Louie Ward, der Arzt, der die Abtreibungen durchführt, der laut Autorin stark von einem tatsächlichen Arzt inspiriert wurde, den sie im Rahmen dieses Buches kennenlernen durfte.

 Die Augen ihrer Tante standen weit offen. Ihr Mund stand offen, aber Wren konnte keinen laut hören. Sie versuchte, ihrer Tante von den Lippen abzulesen. Wren. Wren. Wren. Dann dämmerte ihr, was ihre Tante tatsächlich sagte. 

„Renn.“

Wren
Seite 314

Über die Idee

Abtreibung ist leider Gottes überall auf der Welt ein umstrittenes Thema. Die aggressive Diskussion darüber beruht zu einem Großteil auf falschen Informationen, Sexismus, dem Patriarchat, übergriffigen Religionsvorstellungen und mangelnder Empathie, und jeder dieser Gründe wurde hervorragend in das Buch mit eingearbeitet. Aufgrund der fatalen Situation in Amerika wollte die Autorin einen besonderen Fokus auf dieses schwierige Thema werfen und beide Seiten verständlich darbringen (und warum die eine Seite dennoch im Recht ist!) und hat das auch super hingekriegt. Leider Gottes ist die Handlung des Buches – wenn auch fiktiv – nicht einfach so aus der Luft gegriffen, und schmerzlich realistisch. Picoult hat dieses Buch nicht nur zur Unterhaltung geschrieben, sondern um Menschen tatsächliche Fakten zu vermitteln, die ihnen helfen könnten, die Problematik von Abtreibungsgegnern zu erklären, und warum es überhaupt zu so vielen Abtreibungen kommt. 

Über die Recherche

In ihrer Danksagung hat die Autorin einen ganzen Haufen von Menschen erwähnt, weil das Buch, so wie es ist, ohne diese nicht existieren würde. Dazu gehören dutzende Ärzte, speziell Abtreibungsärzte, Polizisten, Unterhändler, Anwälte, etc, die sie mit Fragen gelöchert hat, um so realitätsnah wie möglich schreiben zu können, was sie meiner Meinung nach hervorragend umgesetzt hat. Ebenfalls zu erwähnen sind die über hundert Frauen, die Schwangerschaftsabbrüche unternommen haben, mit denen Jodi Picoult das Gespräch gesucht hat. Besonders beeindruckend fand ich es, dass sie bei drei Abtreibungen persönlich zugesehen hat, um die Prozedur verstehen zu können. Ein ganz großes Lob an Picoult für diesen Einsatz!

Selbst wenn man diesem Fötus einen moralischen Wert beimaß, konnte man ihm keine Rechte verleihen, sofern man diese nicht der Frau nahm, die ihn austrug. Vielleicht sollte man nicht fragen „Wann wird ein Fötus zu einer Person?“, sondern, „Wann hört eine Frau auf, eine zu sein?“ 

Dr. Louis Ward
Seite 363

Über die Schwächen

Obwohl ich das Buch alles in allem ziemlich spannend fand, war es lange nicht fehlerlos. Die verwirrenden Perspektivenwechsel der vielen Protagonisten mal abgesehen, hat auch die umgekehrte Erzählweise ihre Nachteile. Wo nämlich viel Potential in der Geschichte liegt, hat Picoult den Großteil davon auf den ersten hundert Seiten zurückgelassen. Die darauf folgenden Kapitel waren ebenfalls spannend, besonders, da sie nach und nach die noch offenen Lücken füllten, allerdings wurden auch so einige Dinge offen gelassen, die meiner Meinung nach eine Auflösung benötigt hätten. Der große Plot Twist (den Schützen betreffend) erfolgte ziemlich am Ende und konnte mich definitiv überzeugen, der zweite allerdings (Hugh’s Familie betreffend) wirkte auf mich ein bisschen zu viel des Guten. Im großen und Ganzen lässt sich also sagen, dass das Ende zu Wünschen übrig lässt, gerade aber wegen seiner Offenheit einen gewissen Reiz hat.

Mein Fazit

Ein fesselnder Roman voller Spannung und Nervenkitzel, mit politischem Schwerpunkt. „Der Funke des Lebens“ war eine emotionale Achterbahn mit grandioser Recherche von Seiten der Autorin. Eine klare Leseempfehlung!

4/5

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